Folgenkostenabschätzung
Das Standardkosten-Modell – eine Schätz-Methode zum Bürokratieabbau
Neue Regelungen bringen meist ein Mehr an Aufwand mit sich. Um sie zu befolgen, muss zumindest Zeit aufgewandt werden. Und Zeit ist bekanntlich Geld.
Ganz so simpel ist es zwar nicht, aber dennoch ist es bei der Entstehung und Überarbeitung von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften besonders wichtig, zu prüfen welcher zeitliche, personelle und somit auch finanzielle Aufwand für die Betroffenen entsteht.
- Wie viel Zeit wird für das Ausfüllen eines Antrages benötigt?
- Wie viele Personen braucht ein Unternehmen, um geforderte Statistiken zu liefern?
- Was kostet das den Einzelnen?
Fragen, mit denen sich bei der Gesetzgebung befasst werden muss. Denn nur, wer weiß, was eine neue Regelung an Zeitaufwand und Kosten für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung verursacht, kann eine Abwägung treffen, ob es tatsächlich notwendig ist, die Regelung zu erlassen oder der Nutzen letztlich doch kleiner als der zu betreibende Aufwand ist.
Richtig und wichtig ist es daher, dass bei der Erarbeitung von Bundes- und Landesgesetzen auch die zu erwartenden Kosten ermittelt werden.
Hierfür gibt es verschiedene Methoden, die zudem ständig weiterentwickelt werden. Grundlage bildet jedoch häufig das sogenannte Standardkosten-Modell.
Das Standardkosten-Modell
Das Standardkosten-Modell (SKM) ist eine internationale Schätz-Methode, mit der Bürokratiekosten, die durch die Erfüllung von Informationspflichten entstehen, standardisiert ermittelt werden.
Das Standardkosten-Modell wurde in den 90er Jahren in den Niederlanden entwickelt. Ziel: Die Belastung aus Informationspflichten darzustellen, um Bürokratiebelastungen objektiv zu quantifizieren.
Geschätzt werden Belastungen der Wirtschaft, der Bürger und der Verwaltung, die auf gesetzlich vorgeschriebenen Informations- und Berichtspflichten (Anträge, Formulare, Statistiken, Nachweise etc.) beruhen.
Berechnung der Folgenkosten
Das Standardkosten-Modell wurde über die Zeit auf Bundes- und auch Landesebene verschieden erweitert und optimiert. Das Vorgehen ist grundsätzlich jedoch für jede Art von gesetzlicher Vorgabe gleich:
Zuerst sind die Vorgaben zu identifizieren, die mit einem Regelungsvorhaben neu eingeführt, geändert oder abgeschafft werden. Für jede Verpflichtung wird ermittelt, wie hoch die Änderung des Aufwands im Einzelfall ist und wie häufig diese Verpflichtung pro Jahr erfüllt werden muss. Es werden der einmalige Umstellungsaufwand und der jährliche Aufwand berücksichtigt. Die Folgenkosten des Einzelfalls werden mit der zu erwartenden jährlichen Fallzahl hochgerechnet (siehe Schaubild).
Die Bundesregierung, der Nationaler Normenkontrollrat und das Statistisches Bundesamt haben einen Leitfaden erarbeitet, der die Ermittlung des Erfüllungsaufwands anhand von Praxisbeispielen erläutert und für die Bundesministerien festlegt.
Wie sieht das in Bayern aus?
In Bayern ist nach Vorgabe der Geschäftsordnung der Bayerischen Staatsregierung der Bayerischen Staatsregierung (§ 15 Abs.2 StRGO) jeder Normentwurf mit einem Vorblatt zu versehen, in welchem auch die zu erwartenden Kosten dargestellt werden.
§ 7 Abs.5 Nr.2 i.V.m. Abs.6 StRGO legt dazu fest, dass aussagekräftigte Kostenprognosen für den Staat, die Kommunen, die mittelbare Staatsverwaltung sowie die Wirtschaft und die Bürger anzustellen sind. Bei neuen Informationspflichten passiert dies auf Grundlage des Standardkosten-Modells.
Folgenabschätzung mittels Praxis-Check
Die finanziellen Werte allein drücken nicht immer das ganze Maß der bürokratischen Belastung aus.
Dem Beauftragten für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung MdL Walter Nussel ist es ein Anliegen, dass neben einer realitätsnahen Kostenabschätzung auch eine praktische Abschätzung der Folgen bei Gesetzesvorhaben vorgenommen wird. Der Praxis-Check soll genau dabei helfen.
Eine umfassende Folgenabschätzung, die über monetäre Werte hinausgehet, ist für die Bayerische Gesetzgebung in der Geschäftsordnung der Bayerischen Staatsregierung bereits festgeschrieben (§ 7 Abs.5 Nr.2 i.V.m. Abs.6 StRGO).
(6) Die Folgenabschätzung nach Abs. 5 Nr. 2 umfasst – je nach Thematik – in der Regel
- aussagekräftige Kostenprognosen für den Staat betreffend Haushaltsmittel und Stellen in Bezug auf den laufenden Staatshaushalt und den Finanzplanungszeitraum, für die Kommunen, die mittelbare Staatsverwaltung sowie die Wirtschaft und die Bürger – bezüglich neuer Informationspflichten auf der Grundlage des Standard-Kosten-Modells -,
- Aussagen zu etwaigen Konnexitätsverpflichtungen nach Art. 83 Abs. 3, 6 und 7 der Verfassung,
- Aussagen zur etwa entstehenden Bürokratiebelastung für den Staat – etwa Auswirkungen auf den Umfang der Verwaltungsaufgaben, elektronische Verwaltung – und für die Betroffenen, etwas hinsichtlich Genehmigungs-, Anzeige- und Informationspflichten,
- Aussagen zu Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit, Energieverbrauch, Nachhaltigkeit, Demographie oder ähnliche thematisch einschlägige Fragen.
Eine zielorientierte und bürokratiearme Normsetzung kann nur gelingen, wenn die Belange aller Betroffenen bestmöglich im Blick behalten werden. Dies ist aber gerade bei komplexen Vorhaben, die eine Vielzahl betreffen, nicht immer leicht.
Der Beauftragte für Bürokratieabbau möchte daher eine Status Quo-Analyse bei den Bayerischen Ministerien anstoßen. Ziel soll sein, Erkenntnisse zu gewinnen, wie die Folgen- und Folgenkostenschätzung in der Praxis tatsächlich durchgeführt wird. Welche Möglichkeiten haben und ergreifen die Bayerischen Staatsministerien, um sich ein umfassendes Bild der zu erwartenden Auswirkungen für alle Betroffenen zu machen? Lässt sich ein „Königsweg“ feststellen, der die Abschätzung optimiert und somit Erleichterung für alle schaffen kann? Fest steht bereits jetzt – Bürokratieabbau und eine praxisnahe Folgen- und Folgenkostenabschätzung gehen Hand in Hand!