Studie zum Bürokratieabbau in der Direktvermarktung
Studierende der HSWT präsentieren Studienergebnisse
17.10.2023
Direktvermarkter müssen eine Vielzahl an gesetzlichen Verpflichtungen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen kennen, sie in der Praxis richtig umsetzen und stets über deren aktuellen Sachstand informiert sein. Darüber hinaus erschwert die Vielzahl an Zuständigkeiten und Ansprechpartnern in den verschiedenen Ministerien bzw. deren nachgeordneten Behörden den Informationstransfer in die Praxis. Diese Gegebenheiten stellen besonders für kleine Unternehmen mit geringer Personalausstattung eine erhebliche Belastung dar, zumal fehlerhafte Umsetzungen finanzielle Auswirkungen haben können.
Deshalb hat der Beauftragte für Bürokratieabbau MdL Walter Nussel reagiert und als ersten Schritt die Zentrale Informationsstelle für Anfragen zu gesetzlichen Verpflichtungen von Direktvermarktern eingerichtet und in seine Geschäftsstelle eingegliedert.
Im zweiten Schritt hat Nussel in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) die Studie „Direktvermarktung in der bayerischen Landwirtschaft“ durch die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) initiiert. Im Rahmen der Studie erfolgte auf Basis einer online-Umfrage bei bayerischen Betrieben eine Bestandsaufnahme und Analyse der Direktvermarktung, speziell unter dem Gesichtspunkt der bürokratischen Belastungen in diesem Bereich. Die Daten der Studie geben Aufschluss über den aktuellen Stand der Direktvermarktung in Bayern und bieten Lösungsansätze zur Verbesserung des Bürokratieabbaus und des Informationsflusses.
Die Ergebnisse der Studie wurden von Prof. Dr. iur. Tanja Barton und ihren Studierenden der Fakultät für Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme Anfang Oktober einem interessierten Publikum vorgestellt. Bürokratische Hürden werden in erster Linie im zeit- und kostenintensiven Erfüllungsaufwand (60 %) sowie in der Vielzahl, dem Umfang und der Fristeneinhaltung bei Anträgen (50 %) und Meldungen (46 %) gesehen. Diese Hürden treten bei 55 % der Betriebe regelmäßig, bei 48 % bei betrieblichen Veränderungen und bei 44 % beim Einstieg in die Direktvermarktung auf. In Abhängigkeit vom Vermarktungsschwerpunkt werden bürokratische Belastungen bei Fleisch und Fleischerzeugnissen (41 %), Eiern (24 %), Wein (22 %) und Obst und Gemüse (17 %) erlebt; in Abhängigkeit von Vertriebswegen vor allem bei Hofläden (59 %). Als Lösungsansätze werden in erster Linie vereinfachte Dokumentationen und die Unterscheidung zwischen großen und kleinen Direktvermarktungsbetrieben vorgeschlagen.
Laut Studie nutzen Direktvermarkter vor allem Fachzeitschriften (68 %), Internetinformationen (57 %) und Berufskollegen (50 %) als Informationsquellen. Steuerberater (83 %), Verbände (24 %) und Behörden (16 %) werden als externe Ansprechpartner hinzugezogen. Die schnelle Änderung von Vorschriften, die fehlende Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den Behörden, uneinheitliche Regelungen und der fehlende Zugang zu gebündeltem Informationsmaterial sind laut Studie einige der Gründe für die Lücken im Informationsfluss. Gewünscht werden eine digitale Informationsplattform (72 %), Merkblätter (27 %) und ein größeres (online-)Seminar- und Qualifikationsangebot (36 %). Vor allem fehlt es den Direktvermarkten an fachspezifischen, qualifizierten und praxisnahen Ansprechpartnern.
Die nächsten Schritte folgen zeitnah: die Ergebnisse der Studie werden in drei Bachelorarbeiten vertieft analysiert und es wird die Informationsplattform „Direktvermarktung und Recht“ eingerichtet. Dort werden juristische Vorgaben allgemeinverständlich erläutert, Merkblätter zur Verfügung gestellt und konkrete Ansprechpartner genannt.
Der Beauftragte für Bürokratieabbau zeigte sich von den Ergebnissen der Studie überzeugt: „Ich habe die Begeisterung der jungen Leute gespürt. Das ist gelebte Entbürokratisierung mit jungen Menschen, die versuchen, die Themen anzupacken. Die Ergebnisse sind eine Basis für uns, für die Politik, für die Behörden, um den Direktvermarktern konkret zu helfen und diese Lösungsansätze mit den Studierenden nach außen zu tragen.“